WAS IST FOCUSING?

Selbsthilfe & Therapie aus dem Körper

 

 

"Focusing nenne ich die Zeit,

in der man mit etwas ist,

das man körperlich spürt,

ohne schon zu wissen was es ist."

 

(Gene Gendlin)

 

 

Entstehung des Focusing

Eugene Gendlin, Österreichischer Philosoph, Psychotherapeut und Mitarbeiter von Carl Rogers, machte bei einer Studie an der Universität Chicago eine interessante Beobachtung: Patienten, die das was sie sagten, auch mit der damit verbundenen Körperempfindung abglichen, machten in der Therapie bessere Fortschritte als diejenigen, die nur rational über ihr Problem sprachen. Die Patienten gerieten dabei immerwieder verbal ins Stocken, hielten inne und korrigierten das Gesagte solange, bis es das Gefühlte stimmig ausdrückte.

Allein dieser stimmige Ausdruck verschaffte spürbare Erleichterung. Zudem konnte unter Einbeziehung des Körpers gezielter an dem gearbeitet werden, um was es im Kern ging, was zu spürbaren Veränderungen führte.

 

Gendlin erforschte die innere Arbeit, die die Patienten spontan machten. Er gliederte den Prozess in sechs Schritte um ihn für jede:n lehr- und lernbar zu machen und nannte ihn "Focusing".

 

 

Felt Sense

Zu jeder Situation, zu jedem Thema, entsteht auf einer tieferen Ebene eine körperliche Resonanz. Solche Empfindungen haben wir spontan oder wir können sie entstehen lassen. Im Focusing nennen wir diese Wahrnehmung "Felt Sense" (gefühlter Sinn, gefühlte Bedeutung.) Schnell sind wir damit beschäftigt, die Situation rational einzuordnen. Das rationale Denken ist wichtig, kann aber nie alle Aspekte eines Themas gleichzeitig erfassen. Der Felt Sense dagegen beinhaltet die Gesamtsituation. Oft ist er zunächst wage und unklar, es fehlen die Worte. Das Erforschen des Felt Sense und das Bewusstmachen von dessen Bedeutung ist Kern des Focusing.

 

 

Praktische Übung

Wenn Sie möchten, können Sie sich jetzt einen Moment Zeit nehmen, um eine Ahnung davon bekommen, was ein Felt Sense sein könnte:

Lehnen Sie sich zurück, schließen Sie, wenn Sie möchten, die Augen, nehmen Sie Ihren Körper als ganzes wahr.

Lenken Sie die Aufmerksamkeit dann in Ihre Körpermitte, Richtung Bauch- und Brustraum.

Fühlt es sich dort gerade eher angenehm oder unangenehm an?

...warten sie einen Moment.

 

Denken Sie nun zuerst an einen Menschen, mit dem Sie es gerade nicht leicht haben, den sie nicht mögen oder mit dem Sie einen Konflikt haben. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit gleichzeitig in ihren Bauch- und Brustraum. Warten sie ca. eine Minute. Wie nehmen sie die Beziehung zu diesem Menschen in sich wahr? Fühlt es sich unangenehm, unruhig, oder eng an?

 

Denken Sie jetzt an Ihr letztes Treffen  mit einem guten Freund, oder einer guten Freundin. Nehmen sie wahr, wie sich die Erinnerung an diese Begegnung im Körper anfühlt. Warten Sie wieder ca. eine Minute, damit die Wahrnehmung sich entfalten kann.

Was verändert sich? Vermutlich nehmen Sie eine Art Behaglichkeit wahr. Vielleicht auch innere Bewegung, Wärme, Ausdehnung oder Ähnliches. In diesem Bereich ist der Felt Sense zu finden.

 

 

Focusingtherapie

Gendlins Focusing wurde im Laufe der Zeit zur Focusing-Therapie weiterentwickelt. In der Focusing Therapie werden verschiedene therapeutische Ansätze mit Focusing kombiniert und vertieft. Stark an der Entwicklung der Focusing-Therapie beteiligt, waren Klaus Renn und Johannes Wiltschko, die eng mit Gendlin zusammen arbeiteten. Informationen zur Focusing-Therapie finden Sie auf der Webseite des Deutschen Focusing Institutes DFI.

 

 

Anwendungsfelder des Focusing

- zur Selbsthilfe bei persönlichen Problemen
- als Methode in Beratung, Coaching und Psychotherapie

- Selbstfürsorge bei Belastung (Burnout-Prävention - oder Nachsorge)
- als Achtsamkeitsübung
- zur Entscheidungsfindung
- in der spirituellen Praxis (Meditation, Seelsorge)
- als Quelle der Kreativität